Feld- und Kriegslazarette

Medizinische Versorgung hinter der Front

Zwischen 1914 und 1918 wurde ein deutscher Soldat im Durchschnitt mindestens zweimal ärztlich behandelt. Nach der Genesung wurde ein Großteil der Militärangehörigen zurück an die Front geschickt. Die medizinische Versorgung gewährleisteten ca. 26.000 deutsche Zivilärzte, die zum Kriegsdienst (Heer, Marine, Schutztruppen) verpflichtet worden waren. Während ca. 18.700 Mediziner in Feldlazaretten direkt hinter der Front oder in Kriegslazaretten in den Etappengebieten arbeiteten, waren ca. 7.500 Ärzte für die medizinische Betreuung von kranken und verletzten Soldaten in Reservelazaretten in der Heimat zuständig. Zahlreiche hessische Zeitungen zeichneten den Transportweg von deutschen Verwundeten nach: Vom Schlachtfeld über die notdürftige Erstversorgung auf Hauptverbandsplätzen, über Feld- in die Kriegslazarette im Etappengebiet; gegebenenfalls bis in die Reservelazarette in der Heimat. »

Feld- und Kriegslazarette wurden in Privathäusern, Schulen, Schlössern, Klöstern und Kirchen, aber auch Fabriken, Scheunen und Zelten eingerichtet. Ein Kriegslazarett gliederte sich oft in verschiedene Abteilungen, die auf bestimmte Gebiete spezialisiert waren, z.B. chirurgische Abteilung, Augen- oder Ohrenstation, Innere Medizin. In Lazaretten unmittelbar hinter der Front wurde oft über den gesamten Tag hinweg operiert, teilweise bis in die Nacht, wobei pro Tag bis zu 25 größere chirurgische Eingriffe vorgenommen wurden. Vor allem Operationen an Patienten mit Kieferschüssen und Gehirnverletzungen stellten die Mediziner vor schwierige Aufgaben. Schwerstverletzte mit wenig Überlebenschance wurden bis zu deren Tod in spezielle Räume verlegt. Auch erfolgte die medizinische Behandlung von Seucheninfizierten (u.a. Ruhr, Cholera, Typhus, Fleckfieber, Pocken und Malaria) in Lazaretten in der Etappe. Militärhospitäler waren neben der medizinischen Versorgung der eigenen Soldaten ebenfalls für die ärztliche Betreuung der im Etappengebiet ansässigen Bevölkerung verantwortlich. Diese, darunter v.a. Kinder, wurde u.a. mit Verletzungen durch Granatsplitter sowie unterschiedlichen Seuchenkrankheiten eingeliefert.

Neben Ärzten kümmerten sich in Feld- und Kriegslazaretten mehrere zehntausende Krankenpfleger*innen um die Versorgung der Patienten. Oft hatte lediglich ein Pfleger/eine Krankenschwester die Verantwortung für 40 bis 50 Schwerverwundete, weswegen regelmäßige Waschungen der Patienten, Säuberungen der Böden oder Sterbebegleitungen nicht möglich waren. Neben dem Pflegepersonal fehlte es zudem in den Lazaretten der Etappe an Medikamenten, Verbandsmaterial, Operationsbesteck, Betten, Nahrungsmitteln, Wäsche, sauberem Wasser, Essgeschirr, Waschutensilien und Toiletten. Über die realen Zustände in den Lazaretten berichtete die Presse in der Regel nicht. Diese lobte die herausragende Arbeitsleistung des medizinischen Personals, wie z.B. die Taunuszeitung am 14.10.1914: „Der Dienst auf dem Schlachtfelde und der Dienst auf dem Etappenhauptort war der Schwerste. Aerzte und Krankenpfleger haben Tag und Nacht mit Aufbietung aller ihrer Kräfte gearbeitet […]“. » Neben diesen Meldungen finden sich häufig Todesanzeigen von Soldaten, die in Feld- oder Kriegslazaretten gestorben waren sowie Anzeigen von Medaillenverleihungen an einzelne Ärzte oder Krankenpfleger*innen, die in der Etappe tätig waren. Auch informierten hessische Zeitungen über Benefizveranstaltungen ortsansässiger Vereine, die Geld- und Sachspenden für Kriegslazarette sammelten.