Lebensmittelversorgung
Zur Versorgungs- und Ernährungssituation im Deutschen Reich
Beim Kriegsbeginn war das Deutsche Reich nicht ausreichend auf die Versorgung von Soldaten und Bevölkerung mit Lebensmitteln eingestellt, noch bis Juli 1914 wurde sogar Getreide exportiert. Durch das u.a. mit der britischen Seeblockade durchgesetzte Handelsembargo war Deutschland von wichtigen Nahrungs- und Düngemittelimporten abgeschnitten. Aufgrund der Einziehung von Landarbeitern zum Militärdienst verlor die Landwirtschaft rund 700.000 Arbeitskräfte sowie den Großteil der dort eingesetzten Pferde. Die fehlenden Düngemittel trugen ebenso zur Krise im Agrarsektor bei.
Vorhandene Lebensmittel konnten, v.a. wegen der intensiven Nutzung des Eisenbahnnetzes für militärische Zwecke, nicht ausreichend verteilt werden, sodass sich insbesondere in den Städten enorme Engpässe ergaben. Die Rationierung von Grundnahrungsmitteln sollte das Problem ebenso lösen wie auf institutioneller Ebene das 1916 gegründete Kriegsernährungsamt. Zeitungen machten bekannt, dass ab 1915 Lebensmittel nur noch mit Bezugsschein erhältlich waren. Mehr als eine Verwaltung des Mangels gelang dadurch aber nicht. Versuche, mit lokal festgelegten Höchstpreisen für den Lebensmittelhandel den um sich greifenden Schwarzmarkt zu beseitigen, scheiterten.
Zum Symbol der desaströsen Versorgungslage wurde der Winter 1916/17, der als „Steckrübenwinter“ Bekanntheit erlangte – und schätzungsweise hunderttausende Tote forderte. Konnten im Jahr zuvor noch die gekürzten Brotrationen durch Kartoffelvorräte zumindest teilweise ausgeglichen werden, fiel die Kartoffelernte 1916 u.a. aufgrund ungünstiger Witterungsbedingungen deutlich geringer aus. Aus den Zeitungen war davon nur begrenzt zu erfahren. Im Hungerwinter 1916/17 verschwanden die Lebensmittelanzeigen fast komplett aus der Presse. Debatten aus dem Reichstag, in denen über die „Kartoffelfrage“ gestritten wurden, wurden abgedruckt und auch die festgesetzten Höchstpreise für Lebensmittel. Von konkreten Schwierigkeiten vor Ort durfte nur in lokalen Zeitungen berichtet werden. Fotos stellten lange Schlangen bei der Lebensmittelausgabe bei den Kriegsgegnern England und Frankreich dar. Dass es diese auch in Deutschland gab, wurde in den Zeitungen verschwiegen.
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